Donnerstag, 29. Oktober 2009

Der Herbst verwandelt sich hier langsam in winterliches Novemberwetter. Allerdings muss ich sagen, dass ich schon resistenter gegen die Kaelte geworden bin und mir auch schon Kondition in Sachen Treppensteigen angeeignet habe. Nach fuenf Stockwerken Treppenlauf bin ich naemlich neuerdings nicht mehr voellig am Ende:-)
Das letzte Wochenende war definitiv super. Am Freitag gings auf die MTV-BDay-Party. Es war eine Art Konzert mit vielen litauischen Bands, die alle aufgetreten sind, weil MTV Lithuania wohl Geburtstag hatte. Es waren zwar auch ein paar osteuropaeische Bands aus dem Stereotypen-Bilderbuch dabei (ich sag nur - solche Menschen gehen zum Eurovision Songcontest), aber eben auch seeehr viele gute Bands. Zeitweise hatte das Ganze Festivalatmo, was mich natuerlich sehr gefreut hat. Kleine Kuriositaet: Die letzte Band ist fertig und 2000 Menschen sind WUUUUUSCH aus der Konzerthalle verschwunden. Nur Katja, die Elektrenaier und ich bleiben uebrig. Ich weiss wirklich nicht, wie so viele Menschen so schnell eine Halle verlassen koennen...Wir sind zwar muede, wollen dann aber doch noch weiter und stolpern quasi aus Versehen in einen sehr guten Club. Im Erdgeschoss sieht das Ganze aus wie die Kavete in Muenster, im Keller ist dann noch eine Tanzflaeche, die zwar winzig ist, dafuer aber musikalisch ganz nach meinem Geschmack beschallt wird...
Am Samstag bummeln Tomas, Monika, Katja und ich dann noch durch Vilnius und die zwei Litauer schleppen uns zum Berg der drei Kreuze hoch, von wo aus man einen super Ueberblick ueber die Stadt hat...Und im Kuenstlerviertel treffen wir noch auf Beruehmheiten. Naemlich die MTV-Moderatoren vom Abend zuvor. Ich waere ja nicht ich, wuerde ich da nicht eiskalt hinterherrennen und mir ein Foto mit den Zwei holen...

Die Woche beginnt mal wieder mit viel Essen in meinem Projekt. Mein Chefin kocht naemlich, weil sie Geburtstag hatte. Also, ich habe es ja wirklich noch nie erlebt, dass mir echt alles schmeckt....Hier in Litauen ist das aber so... Auch meine ersten litauischen Cepelinai (Spezialitaet hier) sind relativ akzeptabel. Tomas und Monika hatten den Teig am Dienstag vorbereitet und sind dann abends vorbei gekommen, um Katja und mich in die Cepelinai-Kunst einzuweihen...

Die Woche ueber arbeite ich jeden Tag ziemlich lang, weil ich am Freitag frueher gehen werde. Warum, dazu spaeter. Problem der Woche - die Kids haben Ferien und deshalb keine Hausaufgaben, was natuerlich noch mehr Kreativitaet in Sachen Beschaeftigung fordert.
Am Dienstag unterstuetzt mich Katja zwar (sie muss an diesem Tag nicht arbeiten und kommt spontan nach Elektrenai), aber ich bin noch immer der Meinung, dass man mehr hier fuer die Kids anbieten sollte, was ich dann auch Gintare am Mittwoch sage. Ich schildere ihr meine Situation und sage ihr auch ganz ehrlich, dass ich finde, dass nicht alles richtig laeuft. Endlich erklaert sie mir dann mal, dass die Sozialarbeiter hier noch viel mehr machen muessen, als sich am Nachmittag um die Kinder zu kuemmern. Kann ich natuerlich nicht wissen, ich bin ja schliesslich am Morgen nie da, wenn die Sozialarbeiter Hausbesuche und Co. machen. Okay, mir geht ein Lichtchen auf, ich fordere aber trotzdem, dass wir vielleicht mal mehr zusammen machen koennen mit den Kindern, weil ich es wirklich schrecklich finde, manchmal mit den Kids zusammen zu sein und einfach nicht zu wissen, was man anstellen soll...
Bisher funktioniert mein Nachfragen ganz gut. Am Freitag gibts eine Halloweenparty, fuer die wir seit gestern alles vorbereiten. Da habe ich mich dann z.B. mit einem Kind zusammengesetzt und aus einem Kuerbis eine Laterne gemacht. Kuerbis aushuellen und so weiter. Dann war gestern noch Keramikmachen und ich sah wirklich aus wie ne Pottsau. Aaaber - die Kids waren beschaeftigt und haben gestern mit mir sogar noch ne Extra-Runde Obadetti und Obadetti reloaded gespielt. Achja, High Five, Low Five, Touch the floor habe ich auch bei einigen Kids etabliert und Plumpssack und das Waschmaschinen-Spiel (zaidimas skalbimo masina ist die Uebersetzung) duerfen natuerlich auch nicht fehlen...

Ach, weshalb ich dann morgen nicht so lang arbeite: Katja und ich fahren nach Riiiiiiga....

Freitag, 23. Oktober 2009

So. Hier fliegt die Zeit ein bisschen. Das faellt mir mal wieder auf in Anbetracht dessen, was so in den letzten 10 Tagen passiert ist.
Als erstes bin ich letzten Samstag dem Ruf einer relativ routinierten Gastgeberin nachgekommen und habe einige Volunteers zu einer Party in meiner Sowjetflat in Elektrinai, das ich seit letztem Wochenende offiziell in Electro-City umbenannt habe, eingeladen. Okay, sagen wir mal, es ist relativ beaengstigend, wenn dich ein spanischer Volunteer namens Raymon drei Stunden vor Partybeginn anruft. Bis zu diesem Moment kannte ich den Raymon naemlich noch nicht. Er liess mich aber wissen, dass er und noch so 10 andere EVS-Volunteers schon in Elekro-City sind und in einer Bar auf uns, die wir alle noch in Vilnius waren und auch so mit 15 Freiwilligen in meine Wohnung wollten, warten. Lala, ich hab mir dann Horrorszenarien von einer absoluten All-you-can-destroy-Party in meiner mittlerweile liebgewonnen Sowjetflat ausgemalt. Wurde dann allerdings eines besseren belehrt. Um neun befinden sich also ungefaehr 25 Leute aus allen Herren Laender (mit dabei auch Exoten wie jemand aus dem Aserbaidschan und Ramzi aus dem Gaza-Streifen) in meiner Wohnung. Aus meinem leeren Wohnzimmer machen sie einen Picknick-Place, in der Kueche unterhaelt man sich ueber die jeweiligen EVS-Projekte und alle haben was zum Essen und Trinken mitgebracht. Irgendwann machen wir einen grossen Massage-Kreis und verwandeln meinen Flur in eine Tanzflaeche. Bis um vier spielen wir Salsa-Irgendwas und andere europaeische Musik. Dann sind alle muede, legen sich einfach dahin, wo sie bis gerade noch getanzt haben und machen sich groesstenteils morgens um zehn schon wieder aus dem Staub. Okay, abgesehen von Ramzi aus dem Gazastreifen und noch ein paar anderen aus Vilnius. Ramzi ist so freundlich und legt als "Wakeup"-Musik, wie er betont, seine Nationalsongs auf. Leider in der Dauerschleife. Als ich ihn bitte, mal 'ne andere Platte aufzulegen, ist er so guetig und spielt abwechselnd "Dancingqueen" und "Thank you for the music" von ABBA. Ich gebe auf und verabschiede mich von allen Partygaesten um kurz vor zwoelf. Zu betonen ist vielleicht, dass sich kein einziger Nachbar in meinem Plattenbau (und ich lebe im fuenften Stock und das Ganze hat knapp 60 Wohnungen) beschwert hat und dass das Aufraeumen der Party nur laecherliche 60 Minuten gedauert hat. Wiederholungswuerdig also, wenn auch nicht jedes Wochenende...
Die Arbeitswoche bestand fuer mich dann nur aus Montag wegen des On-Arrival-Trainings. Dafuer aber am Montag erstmal mit einem kleinen Test im Litauisch-Kurs. Angekuendigt natuerlich und ich hatte am Sonntag echt noch gelernt. Mit Erfolg, fuer das Testergebnis gab es erstmal ein Lob von meiner Sprachlehrerin Gintare. Baem. Das befluegelte mich bei der Arbeit am Montag dann auch dazu, das Ganze nur auf Litauisch zu versuchen. Klappte sogar manchmal.

Am Dienstag ging es dann nach Jovariske, ein Dorf in der Naehe von Trakai. Uebrigens Litauen aus dem Bilderbuch, ich habe lange schon nicht mehr etwas so Idyllisches gesehen. Das Seminarhaus war dann nochmal die Kroenung. Holzarchitekur mit grossen Fenstern und Ofen. Wahnsinn. Das On Arrival-Seminar war dann qualitativ wirklich gut. Die Trainer haben uns mit meiner Meinung nach sehr guten Methoden und Spielen Vieles zum Volunteer-Dasein im Generellen, zu litauischen Kultur und zu unserer Situation als Volunteer zu Beginn des Dienstes beigebracht und ich fand das Ganze sehr produktiv. Zusaetzlich hat mir das Seminar auch noch mal andere Sichtweise auf mein Projekt und meine Arbeit gezeigt und ich will moeglichst viel davon beim Arbeiten nutzen. Das Abendprogramm war immer ganz nett. Am ersten Abend haben wir einen netten Waldspaziergang im STOCKdunklen litauischen Urwald gemacht. Ich habe NICHTS gesehen. Und dann haben musste eine Gruppe auch noch die andere suchen unter den Anleitungen des Seminarhausbesitzers. Hocke ich also eine halbe Stunde lang im Nichts mit einem Tuerken, einem Mazedoner, einer Oesterreicherin und einem Portugiesen und werde - nauterlich - nicht gefunden. Zu regnen faengts dann auch noch an. Ich bin ja wirklich ein Naturfreund, aber das war mir dann ein bisschen zu viel. Uno-Abende mit Volkstaenzen aus den verschiedenen Laendern der Seminarteilnehmer und ein Saunaabend haben das Ganze dann ziemlich perfekt gemacht und dazu habe ich noch viele neue Kontakte knuepfen koennen bzw. meine Partygaeste vom vorherigen Samstag wiedertreffen koennen :-)

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Neue Woche, neue Herausforderungen koennte man bisher sagen. Denn - mein Sprachkurs hat begonnen. Hatte und habe ich noch immer Bock drauf, weil das endlich mal wieder was fuer's Koepfchen ist. Und ich kann euch sagen - schwer. Litauisch ist quasi von der Grammatik her wie Latein, manchmal erkenne ich auch Parallelen zum Franzoesischen. Hm. Latein, kleiner Unterschied - Man sucht nicht nach Akkusativ und Co., sondern muss beim Sprechen und Schreiben das Ganze immer selber bilden. Okay, nicht einfach, aber wie gesagt, ich find's gut, was Anspruchsvolles fuers Gross- und Kleinhirn zu machen und kann zum ersten Mal sagen, dass ich wirklich froh bin, Latein in der Schule gehabt zu haben, sonst wuerde ich hier nichts raffen. (Achja, Stichwort Lateinunterricht, schoenen Gruss an Leonie:-)) Neben dem Sprachunterricht bleibt dann natuerlich noch immer die Arbeit im Zentrum, bei dir ich mehr und mehr verstehe, wann, wo, was geschieht. Montags oder dienstags kommt z.B. immer eine sehr passionierte und talentierte Frau, die mit den Kids Keramik macht. Da habe ich mich Montag einfach dazu gesetzt und kraeftig mit gepinselt. Sehr cool. Am Dienstag habe ich dann meine Herbstbastelaktion, zweiter Teil, verwirklicht und mit den Kids Kastastanienmaennchen gebastelt. Es sollten Kastanienmenschen werden, in Wirklichkeit habe ich allerdings die Faehigkeiten der Kids unterschaetzt. Die haben naemlich mal eben ganze Haeuser aus Kastanien und Holzstaeben gefertigt. Es war schoen zu sehen, dass so viele Kids mein Angebot wahrgenommen haben. Allerdings zeigt sich immer mehr fuer mich-die Kinder widmen sich fuer einige Zeit einer Aufgabe, im Idealfall mal fuer eine Stunde, dann sind sie fertig oder auch nicht und machen irgendetwas anderes. Die Konzentrationsspanne bei vielen Kindern ist einfach nur winzig und wenn sie erstmal wieder ohne konkrete Beschaeftigung sind, sind sie schwer zu motivieren oder auch wahlweise gar nicht. Und das endet dann meistens damit, dass sie wieder irgendeinen Quatsch machen... Ich habe aber mittlerweile, weil ich gestern zum Beispiel mit Gintare, meiner Arbeitskollegin und Sprachlehrerin ueber dieses Problem gesprochen habe, erkannt, dass ich dieses Problem nicht unbedingt loesen kann. Gintare meinte, dass es einfach gut waere, wenn ich mit kreativen Ideen kommen wuerde, wie man den Kids wieder was Neues und Spannendes anbieten koennte. Okay, mach' ich also. Das zur Arbeit im Moment. Die Wochenenden und Abende sind immer sehr lustig. Am Wochenende habe ich z.B. Katja in Elektrenai zu Besuch gehabt und sie hat es wirklich mal wieder genossen, in der Natur zu sein und nicht in Vilnius-City. Am Dienstag habe ich fuer Tomas, Kibras und Monika aus Elektrenai gekocht und sie haben mir Karten fuer die MTV B-Day-Party mitgebracht, zu der wir am 23. Okt. gehen und dort ganz viele litauische (gute) Bands sehen werden. Heute abend gehe erst zu einer Kinovorstellung, die hier im Gymnasium ist und spaeter kommen ein paar Leute aus Elektrenai und Katja aus Vilnius und wir backen zusammen Pizza in meiner Wohnung, die mittlerweile zu einem kleinen Designerloft geworden ist...

Hatte ich uebrigens erwaehnt, dass es gestern hier geschneit hat. Ja, Schnee. Ja, Oktober. Hm. Dafuer ist heute ein sehr schoener Herbsttag mit strahlend blauem Himmel...

Samstag, 10. Oktober 2009

So, die erste Arbeitswoche ist um, Zeit fuer eine kurze Zusammenfassung.
Meine Arbeit beginnt so um etwa um eins am Mittag an. Ab da trudeln die Kids ein. Bis um etwa drei muessen dann erst mal die Hausaufgaben gemacht werden. Kleinen Kids das Einmaleins beibringen (Ja, Julia macht jetzt hier freiwillig Mathe!!) und Englisch-Hausaufgaben sind meine Spezialgebiete. Was mir schon nach den paar Tagen hier auffaellt, ist, dass viele von den Kindern grosse Luecken was sie die Bildung angeht, haben... Ich ueberlege, sowas wie eine regelmaessige Nachhilfestunde anzubieten... Um drei essen die Kids und dann ist eine halbe Stunde Teepause fuer die Sozialarbeiterinnen und mich... Achja, ohne "arbata", also Tee geht hier gar nichts ins Litauen. Nach dem Essen bleiben die Kinder dann noch bis sechs, halb sieben oder viertel vor sieben im Zentrum, solange, bis sie abgeholt werden. Ja, dann koennen die Kinder hier malen, Lego spielen, puzzeln und so weiter. Die Betonung liegt dabei auf "koennen". Leider, so finde ich, gibt es kaum Anleitung von den Sozialarbeiterinnen. Und wenn Kids kein konkretes Angebot haben, da kann ich aus Ferienspass-Zeiten ein Lied von singen, dann fangen sie schnell mal an, einfach rumzuschreien, rumzutoben und lauter lustige Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht tun sollten.
Eigentlich war mein Plan, mir die Zentrumsarbeit in den naechsten Wochen bis zu meinem On-arrival-training (das ist quasi das Willkommensseminar fuer Europaeische Freiwillige, die gerade nach Litauen gekommen sind und findet in meinem Fall vom 20. bis 23. Oktober statt) einfach anzugucken um reinzukommen. Naja, am Donnerstag hat mich dann aber doch kreativer Ehrgeiz gepackt und ich hab' einfach gefragt, ob ich nicht mit ein paar Kindern rausgehen, Kastanien und Laub sammeln kann, um das spaeter zu trocknen und damit zu basteln. Ja, ist schon cool, wenn man dann am Freitag nach nur vier Tagen im Projekt seine erste eigene Laub-Mal-Aktion mit den Kids machen kann. Naja, ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass die Arbeit im Moment sehr ungewohnt, anstrengend und anders ist, als ich das aus meiner bisherigen Erfahrung mit Kindern kenne. Groesstes Problem ist einfach der Fakt, dass ich quasi kein Litauisch spreche.
Aaaaber, das wird sich ab Montag aendern. Da heisst's zum ersten Mal fuer mich: "Prasom kalbete lietuvski". Sprich' Litauisch alias Montag zum ersten Mal Sprachkurs.
Grossartige Neuigkeiten in meinem Sociallife. Mittlerweile kenne ich hier echt schon ein paar Menschen, die ich auch fleissig in meine Wohnung einlade, abends mit ihnen koche, esse und quatsche. Gestern waren zum Beispiel vier Elektrenaier da und wir haben aus meiner Kueche, die langsam an aesthetischer Qualitaet gewinnt, eine gemuetliche Runde mit litauischen Pistazien (die ich natuerlich erstmal mit Schale gegessen habe), Schoki, Chips und Bier gemacht. Sehr schoen. Und mit einigen von ihnen werde ich in zwei Wochen nach Vilnius auf eine MTV-Party gehen, wo Litauens beste Bands spielen. Supi, gute Musik gibts also noch gleich dazu...

Mittwoch, 7. Oktober 2009

Okay, es ist ein bisschen Zeit seit dem letzten Eintrag. Und doch ist alles ganz anders. Vielleicht mal angefangen damit, dass wir am 1. Oktober nach Elektrenai, meiner neuen Heimat fuer die naechsten neun Monate gebracht wurden. Oxana und Vita2 (irgendwie haben hier alle die gleichen Namen) haben und abgeholt und wir sind bei Rihanna und Lady Gaga-Musik (ich gebe hier langsam die Hoffnung auf gute Musik auf) von Vilnius nach Elektrenai, was etwa 45 Kilometer entfernt ist, geduest. Angekommen zeigen uns die zwei die Wohnung fuer Dasa und mich. Aeh, kleiner Schockmoment. Plattenbau. Okay, denke ich mir. Erstmal angucken, was die Wohnung von innen zu bieten hat. Und im fuenften Stock zeigt sich ne Wohnung, die echt okay. Sogar mit Parkett. Oxana und Vita2 lassen uns alleine, damit wir uns erstmal ein bisschen einrichten koennen. Ich fange an, Kuehlschrank und Co. einzuraeumen. Dasa kommt ueberhaupt nicht klar. Sie steht auf dem Balkon und ruft weinend ihre Mutter an. Ich zaehle weder die Zigaretten, die sie raucht, noch die Euros, die sie gerade blecht, um in der Slowakei anzurufen. Ich versuche, sie zu troesten und wir gehen erstmal in die Stadt. Sie ist nicht gross und hat etwa NK-Groesse. Es gibt aber alles. Grosse Supermaerkte im Ami-Style, ein Schwimmbad, eine Eishalle, eine supermoderne Bibliothek, einen wunderschoenen See und noch so einiges mehr. Ich finds okay. Dasa ueberhaupt nicht.
Am naechsten Tag bringen wir noch Moebel in unsere Wohnung. Und wir sind kurz in unseren Projekten. Ich arbeite im VDC, im Kindertagesbetreuungszentrum und spiele mit den Kids erstmal ne Runde "Ich packe meinen Koffer" und Reise nach Jerusalem. Okay, denke ich mir.
Abends gehts nach Vilnius, um mit Katja und Violeta rauszugehen. Das glaubt mir hier keiner. Wir gehen ins Rollers, ein echt cooler Club. Sehr schoen eingerichtet und was macht man dort ausser Dancen? Der Clubname verraets: Genau, man faehrt Rollschuh. Ey, ich fuehle mich wie in den 80er Jahren und der Abend ist gut, nur Dasa schmollt irgendwie die ganze Zeit. Am Samstag gehen Katja und ich dann mit Katjas Mitbewohnerin Rita, die aus Ungarn kommt und leider nur sehr wenig bis gar kein Englisch spricht, ins Kino. In Litauen gibt es quasi nur englischsprachige Filme, weil fast nichts synchronisiert wird. Umso besser fuer uns. Verstehen wir wenigstens was. Naja, der Film ist dann echt nicht toll, aber was solls.
Ich fahre dann am naechsten Morgen schon frueh aus Vilnius zurueck nach Elektrenai (achja, Hin und Rueckfahrt, die etwa der Strecke von NK-Muenster entspricht kosten mich hier umgerechent laecherliche sieben Euro). Dasa bleibt noch in Vilnius. Ich will mich aber noch mit Hannah, einer ehemaligen Europaeischen Freiwilligen treffen, die vor zwei Jahren in meinem Projekt war und zurzeit im Urlaub hier in Litauen ist. Wir trinken ein bisschen Arbata (Tee, ohne den geht hier gar nichts) und sie nimmt mich mit zum Pizzaessen mit ihren litauischen Freunden vom Chor hier in Elektrenai. Super, die Truppe ist total offen und ich ueberlege mir spontan, einfach zur naechsten Chorprobe mitzugehen. Mit den Maedels verstehe ich mich gut und hinterher gehen wir noch zu Justina. Justina ist die Nichte meiner Chefin und hat noch ein paar andere Freunde eingeladen. Wir quatschen und meiern auf Litausisch (jaja, so lernt man Zahlen). Der Abend ist super. Zuhause wartet allerdings ne weniger schoene Ueberraschung auf mich. Dasa ist mittlerweile wieder zu hause und sagt mir, dass sie fuer den naechsten Tag ein Rueckfahrtticket in die Slowakei gebucht hat. Ihre Mentoren bzw. die Organisatoren wissen nocht nichts. Okay, ich versuche auf sie einzureden. Aber nichts hilft. Am naechsten Morgen setze ich sie in den Bus nach Vilnius, von wo aus sie mit dem Zug zurueckfaehrt. Vielleicht kommt sie zurueck. Aber ich verwette alle meine Festivalbaender (und das waere ein grosses Opfer) darauf, dass sie nicht wiederkommt.
Auf der Arbeit ist dann alles ein bisschen chaotisch wegen der Dasa-Sache. Meine Chefin Agne fragt mich und meine Organisatorin Laima auch, was los ist. Und ich kanns ja auch nicht wirklich erklaeren, warum Dasa gefahren ist. So richtig kann ich mich dann auf meinen ersten Arbeitstag nicht konzentrieren. Ich spiele einfach mit den Kids, was nicht immer leicht ist, weil ich sie ja nicht verstehe. Naja, da braucht es wohl noch Zeit, bis ich da drin bin.
Am Abend kommt Elvina vom Chor zu Besuch und ich koche fuer uns. Danach verteilen wir ueberall in der Wohnung Kaertchen mit den Bedeutungen z.B. von Tuer, Spiegel und so weiter auf Litauisch. Super, Elvina hilft mir echt, sehr nett von dem Maedel und wir verstehen uns gut.
Nachts gehts mir dann nicht gut. Ich verbringe die Nacht damit, die Speiskarte rueckwaerts zu lesen und versuche es am naechsten Tag zur Arbeit zu gehen. Nichts hilft. Gentare, eine Sozialarbeiterin im Projekt und meine Sprachlehrerin ab kommender Woche gibt mir ein litauisches Wunderkraut, das ich als Tee trinke. Agne schickt mich dann nach Hause, weil es mir einfach nur schlecht geht. Ich schlafe den ganzen Tag. Als Agne am Nachmittag mit ihrem Mann und ihrem Vater vorbeikommt, um mir noch neue Moebel zu bringen, hat sie auch noch Zwieback dabei. Sehr lieb, alle kuemmern sich wirklich gut um mich hier. Naja, der ganze Tag allein in der Wohnung und dann noch krank sein. Da macht echt depressiv. Und deshalb bin ich auch echt froh, dass es mir heute wieder gut geht und ich wieder ready bin fuer Arbeit und so weiter. Fuer die naechsten Abende habe ich mich dann verabredet mit den Leuten, die ich bisher kenne...

Achja, vielleicht noch ein paar Kuriositaeten aus Litauen:
1. Busfahren geht hier so: Man steht an einer Bushaltestelle auf dem Highway (!!!) und wartet auf den Bus, wenn man auf die andere Seite der Strasse muss, muss man mal eben eine sechsspurige Autobahn ueberkreuzen.
2. Der Kapitalismus hat hier eiskalten Einzug erhalten. Mein bester Freund heisst Maxima und ist eine Kette von riesigen Shoppingmalls hier in Litauen.
3. Als litauischer Jugendlicher hat man generell zwei Handys mit jeweils drei Karten, um ja den guenstigsten Tarif auskosten zu koennen...
4. Plattenbauwohnen ist hier ganz normal.