Mittwoch, 7. Oktober 2009

Okay, es ist ein bisschen Zeit seit dem letzten Eintrag. Und doch ist alles ganz anders. Vielleicht mal angefangen damit, dass wir am 1. Oktober nach Elektrenai, meiner neuen Heimat fuer die naechsten neun Monate gebracht wurden. Oxana und Vita2 (irgendwie haben hier alle die gleichen Namen) haben und abgeholt und wir sind bei Rihanna und Lady Gaga-Musik (ich gebe hier langsam die Hoffnung auf gute Musik auf) von Vilnius nach Elektrenai, was etwa 45 Kilometer entfernt ist, geduest. Angekommen zeigen uns die zwei die Wohnung fuer Dasa und mich. Aeh, kleiner Schockmoment. Plattenbau. Okay, denke ich mir. Erstmal angucken, was die Wohnung von innen zu bieten hat. Und im fuenften Stock zeigt sich ne Wohnung, die echt okay. Sogar mit Parkett. Oxana und Vita2 lassen uns alleine, damit wir uns erstmal ein bisschen einrichten koennen. Ich fange an, Kuehlschrank und Co. einzuraeumen. Dasa kommt ueberhaupt nicht klar. Sie steht auf dem Balkon und ruft weinend ihre Mutter an. Ich zaehle weder die Zigaretten, die sie raucht, noch die Euros, die sie gerade blecht, um in der Slowakei anzurufen. Ich versuche, sie zu troesten und wir gehen erstmal in die Stadt. Sie ist nicht gross und hat etwa NK-Groesse. Es gibt aber alles. Grosse Supermaerkte im Ami-Style, ein Schwimmbad, eine Eishalle, eine supermoderne Bibliothek, einen wunderschoenen See und noch so einiges mehr. Ich finds okay. Dasa ueberhaupt nicht.
Am naechsten Tag bringen wir noch Moebel in unsere Wohnung. Und wir sind kurz in unseren Projekten. Ich arbeite im VDC, im Kindertagesbetreuungszentrum und spiele mit den Kids erstmal ne Runde "Ich packe meinen Koffer" und Reise nach Jerusalem. Okay, denke ich mir.
Abends gehts nach Vilnius, um mit Katja und Violeta rauszugehen. Das glaubt mir hier keiner. Wir gehen ins Rollers, ein echt cooler Club. Sehr schoen eingerichtet und was macht man dort ausser Dancen? Der Clubname verraets: Genau, man faehrt Rollschuh. Ey, ich fuehle mich wie in den 80er Jahren und der Abend ist gut, nur Dasa schmollt irgendwie die ganze Zeit. Am Samstag gehen Katja und ich dann mit Katjas Mitbewohnerin Rita, die aus Ungarn kommt und leider nur sehr wenig bis gar kein Englisch spricht, ins Kino. In Litauen gibt es quasi nur englischsprachige Filme, weil fast nichts synchronisiert wird. Umso besser fuer uns. Verstehen wir wenigstens was. Naja, der Film ist dann echt nicht toll, aber was solls.
Ich fahre dann am naechsten Morgen schon frueh aus Vilnius zurueck nach Elektrenai (achja, Hin und Rueckfahrt, die etwa der Strecke von NK-Muenster entspricht kosten mich hier umgerechent laecherliche sieben Euro). Dasa bleibt noch in Vilnius. Ich will mich aber noch mit Hannah, einer ehemaligen Europaeischen Freiwilligen treffen, die vor zwei Jahren in meinem Projekt war und zurzeit im Urlaub hier in Litauen ist. Wir trinken ein bisschen Arbata (Tee, ohne den geht hier gar nichts) und sie nimmt mich mit zum Pizzaessen mit ihren litauischen Freunden vom Chor hier in Elektrenai. Super, die Truppe ist total offen und ich ueberlege mir spontan, einfach zur naechsten Chorprobe mitzugehen. Mit den Maedels verstehe ich mich gut und hinterher gehen wir noch zu Justina. Justina ist die Nichte meiner Chefin und hat noch ein paar andere Freunde eingeladen. Wir quatschen und meiern auf Litausisch (jaja, so lernt man Zahlen). Der Abend ist super. Zuhause wartet allerdings ne weniger schoene Ueberraschung auf mich. Dasa ist mittlerweile wieder zu hause und sagt mir, dass sie fuer den naechsten Tag ein Rueckfahrtticket in die Slowakei gebucht hat. Ihre Mentoren bzw. die Organisatoren wissen nocht nichts. Okay, ich versuche auf sie einzureden. Aber nichts hilft. Am naechsten Morgen setze ich sie in den Bus nach Vilnius, von wo aus sie mit dem Zug zurueckfaehrt. Vielleicht kommt sie zurueck. Aber ich verwette alle meine Festivalbaender (und das waere ein grosses Opfer) darauf, dass sie nicht wiederkommt.
Auf der Arbeit ist dann alles ein bisschen chaotisch wegen der Dasa-Sache. Meine Chefin Agne fragt mich und meine Organisatorin Laima auch, was los ist. Und ich kanns ja auch nicht wirklich erklaeren, warum Dasa gefahren ist. So richtig kann ich mich dann auf meinen ersten Arbeitstag nicht konzentrieren. Ich spiele einfach mit den Kids, was nicht immer leicht ist, weil ich sie ja nicht verstehe. Naja, da braucht es wohl noch Zeit, bis ich da drin bin.
Am Abend kommt Elvina vom Chor zu Besuch und ich koche fuer uns. Danach verteilen wir ueberall in der Wohnung Kaertchen mit den Bedeutungen z.B. von Tuer, Spiegel und so weiter auf Litauisch. Super, Elvina hilft mir echt, sehr nett von dem Maedel und wir verstehen uns gut.
Nachts gehts mir dann nicht gut. Ich verbringe die Nacht damit, die Speiskarte rueckwaerts zu lesen und versuche es am naechsten Tag zur Arbeit zu gehen. Nichts hilft. Gentare, eine Sozialarbeiterin im Projekt und meine Sprachlehrerin ab kommender Woche gibt mir ein litauisches Wunderkraut, das ich als Tee trinke. Agne schickt mich dann nach Hause, weil es mir einfach nur schlecht geht. Ich schlafe den ganzen Tag. Als Agne am Nachmittag mit ihrem Mann und ihrem Vater vorbeikommt, um mir noch neue Moebel zu bringen, hat sie auch noch Zwieback dabei. Sehr lieb, alle kuemmern sich wirklich gut um mich hier. Naja, der ganze Tag allein in der Wohnung und dann noch krank sein. Da macht echt depressiv. Und deshalb bin ich auch echt froh, dass es mir heute wieder gut geht und ich wieder ready bin fuer Arbeit und so weiter. Fuer die naechsten Abende habe ich mich dann verabredet mit den Leuten, die ich bisher kenne...

Achja, vielleicht noch ein paar Kuriositaeten aus Litauen:
1. Busfahren geht hier so: Man steht an einer Bushaltestelle auf dem Highway (!!!) und wartet auf den Bus, wenn man auf die andere Seite der Strasse muss, muss man mal eben eine sechsspurige Autobahn ueberkreuzen.
2. Der Kapitalismus hat hier eiskalten Einzug erhalten. Mein bester Freund heisst Maxima und ist eine Kette von riesigen Shoppingmalls hier in Litauen.
3. Als litauischer Jugendlicher hat man generell zwei Handys mit jeweils drei Karten, um ja den guenstigsten Tarif auskosten zu koennen...
4. Plattenbauwohnen ist hier ganz normal.

3 Kommentare:

  1. hey liebste julia!
    das hört sich ja erstmal alles naja - weniger gut an, was du so erzählst.
    schade, dass dasa dich schon wieder verlassen hat! dabei hast du dich doch eigentlich echt gut mit ihr verstanden. so kanns gehen...
    ich hoffe mal, dass du nicht nochmal die speisekarte rückwärts essen wirst, denn das wäre schade um das gute essen! =)
    bei deinen sprachlichen fähigkeiten bin ich mir sicher, dass du bald ein litauisch-profi sein wirst, die kids werden dich sicher gut trainieren!
    am montag beginnt meine uni wieder, ich mag noch gar nicht dran denken. aber erstmal kommt ja das wochenende, das hat sicher noch einiges zu bieten =)
    bis die tage, ich wünsche dir alles gute!

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  2. He du=)
    Ich bins, Carina aus Northeim - schöner Post! Du scheinst dich ja schon gut eingefunden zu haben. Woher kommt Dasa, dass es so ein Kulturschock für sie war?
    Wünsch dir noch eine schöne Zeit!

    liebe Grüße,
    Carina

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  3. Hallo Julia,
    Du hast Dich ja schon gut eingelebt und lernst viele neue Leute kennen.
    Bin froh, dass es Dir gut geht.

    In Deinem Alter hatte ich noch nicht die Möglichkeiten, ein fremdes Land kennenzulernen.
    Ich bin mir sicher, dass Du das alles locker schaffst.

    Liebe Grüße,
    Elfriede

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